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Pro und Contra QNG Anhangsdokument 313 und DGNB ENV1.2 Kriterienmatrix

Pro und Contra QNG Anhangsdokument 313 und DGNB ENV1.2 Kriterienmatrix

15. Januar 2025

In der praktischen Anwendung besteht ein zunehmendes Interesse an einer konsolidierten Darstellung der Anforderungen gemäß DGNB und QNG. Diese Artikel dient als Orientierungshilfe für die häufige Frage, welcher Nachweisweg – DGNB oder QNG – in der Praxis sinnvoll anzuwenden ist.


Hintergrund

Im DGNB Kriterium ENV1.2 sowie im QNG Anhangsdokument 3.1.3 werden ähnliche Anforderungen bzgl. Schad- und Risikostoffen in Bauprodukten geregelt. In der praktischen Anwendung besteht ein zunehmendes Interesse an einer konsolidierten Darstellung der Anforderungen beider Systeme.

Eine doppelte Nachweisführung würde einen erheblichen Zusatzaufwand bedeuten, welche trotz der inhaltlichen Unterschiede der beiden Systeme nicht sinnvoll ist und daher von der DGNB auch nicht gefordert wird - die DGNB erkennt die Einhaltung der QNG-Anforderungen gemäß Anhangsdokument 3.1.3 als Qualitätsstufe 4 (QS4) im Kriterium ENV1.2 an – vorausgesetzt, die Anforderungen werden durch einen materialökologischen Bauteilkatalog nachgewiesen und es erfolgen regelmäßige Baustellenkontrollen zum Soll-Ist-Abgleich.

Die DGNB und QNG Anforderungen an die Bauprodukte weisen je nach Produktkategorie teils erhebliche Unterschiede im Anwendungsbereich und bei den spezifischen Anforderungen auf. Eine Entscheidung darüber, welches der beiden Systeme bei der Produktprüfung zur Anwendung kommt, kann daher nicht ausschließlich auf der Annahme basieren, dass eines der Systeme durchgängig strengere Anforderungen an Bauprodukte stellt.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, anhand welcher Aspekte die Entscheidung für die Nachweisführung nach DGNB oder QNG getroffen werden sollte. Im nachfolgenden Beitrag werden relevante Unterschiede in der Anwendung dargestellt, um eine Entscheidungsgrundlage für diese Wahl zu bieten.

Verfügbare Lösungen in BIM.pi

1. Anwendung der DGNB ENV1.2 Kriterienmatrix

Vorteile:

  • Flexibilität beim Anforderungsniveau: Sie können zwischen QS1 bis QS4 wählen und bei Bedarf die Anforderungen um die EU-Taxonomie ergänzen.
  • In den Qualitätsstufen 3 und 4 sind 1 bzw. 2 Ausnahmen unter den Anforderungen möglich (sog. Streichkriterien), diese gelten für sämtliche Produkte einer (bei QS3) bzw. zwei (bei QS4) DGNB Zeilen, wobei die Anforderungen der darunterliegenden Stufe erfüllt sein müssen.
  • Es werden keine Anforderungen gestellt, die gesetzlich bereits geregelt sind.
  • Die Anforderungen werden durch halbjährliche Releases regelmäßig aktualisiert und entsprechend der Entwicklungen auf dem Markt angepasst.
  • Im DGNB Auditorenforum werden FAQs aus der Anwendung regelmäßig beantwortet und in BIM.pi übernommen.
  • Darüber hinaus wird BIM.pi regelmäßig mit Praxiserfahrungen gepflegt (z.B. Hinweise zur Produktverfügbarkeit, Interpretationshilfen).
  • Die Auswahl der Produktkategorien erfolgt in Anlehnung an den ENV1.2 Leitfaden. Damit werden in BIM.pi Einbauort, Funktion und ggf. Schichtzuordnung der Produkte erfasst. Die Auswertung kann zur Dokumentation herangezogen werden, die zusätzliche Erstellung eines materialökologischen Bauteilkatalogs ist nicht erforderlich.

Nachteile:

  • Es gibt wenig Ausnahmemöglichkeiten in Bezug auf Kleinflächigkeit.
  • Die Fehlanwendung (Einbau eines nicht konformen Produktes) kann die Bewertung erheblich beeinflussen.
  • Die DGNB-Anforderungen beziehen sich grundsätzlich sowohl auf werkseitig als auch auf bauseitig verarbeitete Produkte. 
  • Zusätzlicher Aufwand bzgl. der QNG Qualitätsvereinbarungen und Firmenerklärungen für jedes Gewerk.
  • Bei der Förderstufe QNG PREMIUM ist diese Lösung nicht geeignet.

 Wie wird sichergestellt, dass die QNG Anforderungen eingehalten werden?

  • Gem. Vorgabe von QNG PLUS muss der Bauherr alle bauausführenden Firmen vertraglich zur Einhaltung der QNG Qualitätsanforderungen an die Schadstoffvermeidung verpflichten, und die Firmen müssen nach Fertigstellung ihrer Leistungen deren Erfüllung erklären. Die QNG Anforderungen sollten daher weiterhin in der Planung und Ausschreibung berücksichtigt werden.
  • Die produktspezifischen Nachweise müssen nur bei der Förderstufe PREMIUM vorgelegt werden.

2. Anwendung der QNG 1.3 Kriterienmatrix gemäß Anhangsdokument 3.1.3

Vorteile:

  • Die nachweisliche Einhaltung der QNG-Anforderungen gemäß Anhangsdokument 3.1.3 wird im DGNB Kriterium ENV1.2 als Qualitätsstufe 4 anerkannt (Voraussetzung: Nachweis über materialökologischen Bauteilkatalog und regelmäßige Baustellenkontrollen zum Soll-/Ist-Abgleich).
  • Werkseitig verarbeitete Produkte müssen nur im Rahmen der einschlägigen QNG Anforderungen berücksichtigt werden. In der Praxis bedeutet das, dass insb. werkseitig verarbeiteten Gemische i.d.R. nicht betrachtungsrelevant sind (sofern im Anhangsdokument nicht anders angegeben).
  • Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn sie bei min. 90% der Gesamtmenge aller bewerteten Bauprodukte / Erzeugnisse erfüllt wird.
  • Die Produktkategorien in BIM.pi orientieren sich strikt am Aufbau des Anhangsdokuments. Diese Version ist daher auch für andere Zertifizierungssysteme (BNK, BNG, LNB) mit QNG-Anforderungen geeignet.
  • Die Nachweise können für die Förderstufe QNG PREMIUM verwendet werden.  

Nachteile:

  • Das Anhangsdokument enthält sowohl Anforderungen, die bereits durch EU-Vorgaben geregelt sind, als auch teilweise nicht relevante Anforderungen – etwa den Ausschluss halogenierter Treibmittel bei EPS, da dieses grundsätzlich ohne solche Treibmittel hergestellt wird. Die Beschaffung entsprechender Nachweise bedeutet einen zusätzlichen Aufwand, ohne einen tatsächlichen Mehrwert zu bieten.
  • Zusätzlicher Dokumentationsaufwand bezüglich der Deklaration enthaltener SVHCs - bedeutet i.d.R. einen Mehraufwand bei der Datenbeschaffung, besonders bei Erzeugnissen.
  • Entgegen der weit verbreiteten, jedoch unzutreffenden Vereinfachung, dass im Rahmen von QNG ausschließlich vor Ort verarbeitete Produkte relevant seien, sind auch bei QNG viele werkseitig hergestellte Produkte bewertungsrelevant. Der vermeintliche Vorteil eines kleineren Betrachtungsrahmens bei QNG fällt daher in der Praxis oft geringer aus als angenommen.
  • In der Anwendung bestehen teilweise Unklarheiten, beispielsweise hinsichtlich der Relevanz von Bauprodukten aus PVC – da der Betrachtungsrahmen im Vergleich zum DGNB-System deutlich weiter gefasst ist. 
  • Zusätzlicher Aufwand durch Erstellung eines materialökologischen Bauteilkatalogs* (für die Anerkennung als DGNB QS4).
  • Die DGNB-Anwendungshilfen sind in dieser Version nicht verfügbar.

*BIM.pi kann Sie bei der Erstellung des materialökologischen Bauteilkatalogs wie folgt unterstützen:

  • Der aufbereitete Bauteilkatalog kann durch Excel-Import in BIM.pi verwendet und mit den geprüften Produkten verknüpft werden.
  • Wer die Ökobilanzberechnung mit eLCA erstellt hat, hat den Vorteil, den Bauteilkatalog (CSV Export) mit minimalen Anpassungen in BIM.pi importieren und mit den Bauprodukten verknüpfen zu können.
    Dabei können alle Einträge bearbeitet und bei Bedarf neue Schichten hinzugefügt werden.

Fazit

Die DGNB-Anforderungen erweisen sich in der praktischen Anwendung als aktueller und praxisnäher, da sie regelmäßig aktualisiert und an Marktentwicklungen angepasst werden. Zudem sind sie durch das Auditorenforum und ergänzende Anwendungshilfen besser in der Praxis verankert. Im Vergleich dazu erfordert das QNG-System einen höheren Dokumentationsaufwand, insbesondere durch die verpflichtende Dokumentation enthaltener SVHCs sowie die Erstellung eines materialökologischen Bauteilkatalogs. Zwar sind regelmäßige Baustellenkontrollen für die DGNB Anerkennung verpflichtend, jedoch erlaubt QNG durch die 90%-Regel einen höheren Fehlertoleranz in der Nachweisführung.

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